Gedanken zu Burnout, Resilienz & Co

Gerade hört man wieder viel über Burnout, Resilienz & Co in allen Bereichen, auch und insbesondere in der Akutmedizin. Die Meldungen zu Krankheitsausfällen, Burnout, Depression bis hin zu hohen Suizidalitätsraten sind erschreckend und Ausdruck von großem Leid. Daher will ich auch mal wieder gezielt einen Beitrag hierzu schreiben und weiter geben, was mich in diesem Bereich aktuell beschäftigt:

 

Auf ARTE gab es eine extrem interessante Reportage hierzu aus einem Pariser Krankenhaus, ich ziehe den Hut vor den Kollegen, die sich in dieser schwierigen Zeit begleiten ließen. Man kann hier leider wie im Lehrbuch alle Phasen und Ausdrucksformen des Burnouts gut erkennen und erfahren, daher lohnt es sich in meinen Augen auch wirklich den ganzen Film an zu sehen, auch wenn er zwischenzeitlich etwas langatmig anmutet. Mir schwirren derzeit Ideen im Kopf herum, wie man bezugnehmend auf diesen Film ein Fortbildungskonzept zu Burnout und Resilienz basteln könnte, mal schauen was draus wird... hätte denn jemand Interesse für seine/ihre Abteilung? Dann bitte bei mir melden. Hier der Link zum Film:

ARTE-Reportage "Ausgebrannt - Kollaps im Krankenhaus"

 

Es gibt aber auch kritische Töne zu den Resilienz-Trainings, wie sie oft, aber scheinbar ineffektiv, angeboten werden. Hier ein interessanten Beitrag hierzu aus Südafrika auf "Medicalbrief":

Forget 'resiliency training' for doctors - the entire system needs to change

Auch hier werden traurige Verhältnisse in der Akutmedizin beschrieben, wie sie weltweit, und nicht nur in Südafrika, Tatsache und nicht traurige Fiction sind. Die Verfasser stellen nicht Burnout, Depression etc. in Frage, sondern lediglich die oft angebotenen scheinbaren "Wundermittel" der Resilienz dagegen, die aber nicht angenommen und umgesetzt werden können. Auch wenn ich nicht ganz die Meinung zu den Resilienztrainings teilen kann, so lasse ich mir doch den Tenor des Beitrags sagen. Ich vermute dahinter einen hohen eigenen Leidensdruck und Resignation gegenüber der in diesem Fall wohl unangemessenen und somit wirkungslosen Resilienztrainings. Und es stimmt natürlich, würde man das System nachhaltig verändern, müßte man nicht so viel in Resilienztrainings etc. investieren. Aber es wird wohl nicht reichen sich nur für einen Systemwandel ein zusetzen, denn dieser kann bei allem guten Willen nur mittel- und langfristig erfolgen. Man muss auch parallel dazu und kurzfristig an der eigenen Resilienz arbeiten um nicht unter die Räder zu kommen.

 

Auch auf meinem Lieblingsblog zur innerklinischen Notfallmedizin Pincast haben sich meine geschätzten und von mir bewunderten Kollegen Dr. Tobias Becker und PD Christian Hohenstein zu diesem Thema geäußert. Sie erläutern das große Problem sehr praxisnah und gut verständlich, zeigen aber auch gute erste Schritte auf: Die Akzeptanz dieses Problems steigt und es gibt mehrere gute Kampagnen und Initiativen herzu, beispielsweise auch bei der DIVI.

DIVI-Initiative "Perspektive Resilienz"

Ich bin schon sehr gespannt was sich hieraus und aus anderen Bemühungen ergibt und mir wäre es ein Ehre meinen Beitrag hierzu leisten zu dürfen.

 

Mein Lieblingsthema und Steckenpferd ist ja zwar eigentlich die Verbesserung der eigenen Performance (Performance Improvement), aber ich denke man kann sich eigentlich erst richtig damit beschäftigen, wenn man durch eine gute persönliche Resilienz die Gefahr durch Burnout & Co eingedämmt hat. Es gibt allerdings einige lohnende und somit wertvolle Schnittmengen zwischen Resilienz und Performance, die man gezielt ausnutzen sollte.

 

Bevor ich meine Gedanken weiter spinne, was ich zu diesen Themen beitragen kann, und diesen Beitrag beende, möchte ich ein paar wichtige Dinge nochmal festhalten:

1.) Das Problem ist groß und real, wir müssen es akzeptieren und anerkennen. Es ist nicht die Ausnahme, sondern fast schon die Regel.

2.) Burnout ist keine Schwäche der Person und es kann jeden und jederzeit erfassen, wenn die Belastung  zu hoch (unmenschlich) wird. Es ist eine natürliche und menschliche Reaktion, für die man sich nicht schämen muss.

3.) Burnout ist ernst zu nehmen und in der Hinsicht gefährlich, da sich daraus eine Depression etc. entwickeln kann.

4.) Der Begriff des Burnouts darf aber auch nicht missbraucht werden, es ist nicht mit einer physiologischen Erschöpfung zu verwechseln.

5.) Resilienzfaktoren sind trainierbar!

 

Jeder aktive, motivierte und sehr engagierte Mensch ist gefährdet, und somit sehr viele von uns "in der Szene". Es ist nicht ein Problem der "Faulen". Keine Sorge, die brennen nicht so schnell aus....

 

Ich persönlich bin extrem froh und dankbar, dass ich für mich aktuell einen guten Weg gefunden habe mein Risiko zu senken und dennoch selbstbestimmt sehr aktiv zu sein. Es war aber nicht immer einfach und ich neige auch dazu den Bogen zu überspannen, Risikobewußtsein ist hier angesagt!

 

Gebt auf Euch acht, nichts anderes ist mit Achtsamkeit gemeint, oder wie man in der Schweiz so schön sagt "heb der Sorg".