Hilfreiche Anwendungen der präklinischen Notfallsonographie

An dieser Stelle hatte ich ja in der Vergangenheit schon mehrfach über meine persönlichen Erfahrungen mit der präklinischen Notfallsonographie berichtet. Dies ist aber schon eine ganze Weile her und es wird Zeit richtig zu stellen, dass diese Technik kein Hype für mich ist, sondern ein für mich gern und hilfreich empfundener Evergreen.

Daher als kleiner Überblick der Bandbreite der Anwendungsmöglichkeiten ein paar meiner NA-Einsätze der letzten Wochen:

 

1.) Älterer Herr mit bekannter schwerer Herzinsuffizienz, nun mit Synkope und allg. Schwächegefühl.

Notfallsonographie:

- grobe Einschätzung der Pumpfunktion

- Ausschluss Perikarderguss

- Ausschluss relevanter Pleuraergüsse und Suche nach B-Linien als Zeichen der pulmonalen Stauung

- Füllung der V. cava als Hinweis auf den Volumenstatus

Zeitbedarf: Knapp 5 Minuten während der Transportvorbereitungen aus der Wohnung, somit kein Zeitverlust.

Effekt: Gezieltere Auswahl der Zielklinik bzw . der dortigen Einrichtung (ZNA, Schockraum, Intensivstation). Hilfe bei der Findung einer Arbeitsdiagnose, ob eher eine Volumenüberladung durch die Herzinsuffizienz oder ein Volumenmangel durch Diuretika/Exsikkose/Infekt vorliegt.

 

2.) Älterer, kardial vorerkrankter und antikoagulierter Herr gerät mit beiden Armen bis zu den Schultern in eine Metalldrehbank. Große RQW beider Arme mit hohem Blutverlust.Die konventionelle periphere Venenpunktion an beiden Füßen war wegen fortgeschrittener pAVK und CVI gescheitert. Denkbar war eine intranasale Schmerztherapie +/- eine intraossäre Punktion, jedoch war mir aufgrund der kardialen Vorerkrankung und der schweren Hypovolämie auch eine forcierte Volumengabe wichtig. Durch Kompression, Druckverbänden und Anlage eines Tourniquets rechts war eine Kontrolle der Blutungen vorher erreicht worden, die Schmerzen waren laut Patient erstaunlicherweise tolerabel.

Notfallsonographie:

- Suche nach Punktionsstellen in der Leiste (gute Gefäßidentifikation, jedoch keine Punktion mit den kurzen peripheren Verweilkanülen möglich)

- Suche nach Punktionsstellen  am Hals in Schocklagerung. Auch mittels Sono keine Identifikation der V. jugularis externa beidseits möglich. Schließlich sonogesteuerte Punktion der durch die Hypovolämie bereits schlitzförmigen V. jugularis interna. 

Zeitbedarf: Durch schwierige Punktionsverhältnisse 15min. Zeitverlust minimiert durch parallele Klinikanmeldung und Transportvorbereitung.

Effekt: Suffiziente Volumengabe, Schmerztherapie

 

3.) Junger Patient nach Motorradunfall mit schwerem Thorax-, Abdominal- und Beckentrauma. Kardiorespiratorische Instabilität.

Notfallsonographie:

- Bestätigung des Pneumothorax links führte zur schnellen Entlastungspunktion in Monaldi-Position. Da eine Stabilisierung  des Patientenzustands auch nach unmittelbar folgender Intubation ausbleibt Anlage einer Bülau-Drainage.

- Ausschluss einer traumatischen Perikardtamponade.

- Nachweis von freier Flüssigkeit intraabdominell, v.a. im Koller-Raum führt zum Abbruch der präklinischen Versorgung vor Ort und sofortiger Transport ins Traumazentrum.

Zeitbedarf: Zusammen ca. 3min

Effekt: Transportpriorisierung, da Befund der FF intraabdominell keine Stabilisierung der Hämodynamik erwarten ließ. Indikationsstellung für Tranexamsäure und Fibrinogen. Gezieltere Klinikanmeldung und Übergabe im Schockraum.

 

Fazit: Längst nicht jeder präklinische Notfallpatient braucht an der Einsatzstelle eine Notfallsonographie, aber in ausgewählten Fällen, die mir persönlich gar nicht selten erscheinen, gibt sie deutlich mehr Handlungssicherheit durch Zugewinn an relevanten Informationen und Anwendersicherheit bei invasiven Massnahmen (wie hier der zentralen Gefäßpunktionen oder der Anlage einer Thoraxdrainage).