Brugada-Syndrom

Ich möchte mich nochmal daran machen ein kardiologisches Krankheitsbild für mich auf zu arbeiten, will es aber auch gern mit meinen Blog-Lesern teilen, vielleicht kann ja nicht nur ich von der Recherche noch etwas lernen.

Diesmal soll es um das Brugada-Syndrom gehen, welches manchmal auch Brugada-Brugada-Syndrom genannt wird, weil die Erkrankung mitunter zuerst von den beiden Brugada-Brüdern beischrieben worden ist. In den Büchern wird es als seltene Erkrankung geführt, mir ist sie jedoch zuletzt häufiger mal begegnet. Entweder habe ich Glück/Pech, oder sie kommt doch häufiger vor bzw. sie wird nun dank verbesserter Methoden vermehrt diagnostiziert.

Formell handelt es sich um eine vererbte Kardiomyopathie, die durch Ionenkanalveränderungen zu schweren Herzrhythmusstörungen führt.

Der Vererbungsmodus ist autosomal-dominant, d.h. Erkrankte würden zu einem hohen Anteil die Kardiomyopathie weiter vererben. Es kommt jedoch zu einer verminderten Penetranz, was bedeutet, dass es seltener als erwartet zur Übertragung kommt. Mittlerweile wurde auch ein konkreter Gendefekt identifiziert, der aber nur bei ca. einem Viertel der Patienten nachgewiesen werden kann, es muss also noch weitere alternative Genorte geben.

Ein weiteres Problem ist, dass es zwar typische EKG-Veränderungen gibt, die für die Erkrankung sprechen, welche jedoch längst nicht bei allen Betroffenen zu finden sind. Weiter kann es sein, dass sich die EKG-Veränderungen nur zeitweise zeigen. Sie können zwar durch bestimmte Antiarrhythmika provoziert werden, aber dies gelingt auch nicht zuverlässig und bedeutet, dass es dazu zumindest einen Anfangsverdacht gibt, damit dieser Test überhaupt durchgeführt wird.

Klassisch für das Brugada-Syndrom sind maligne tachykarde Rhythmusstörungen wie (polymorphe) ventrikuläre Tachykardien oder Kammerflimmern. Diese können selbstlimitierend sein, so dass es zu einem klinischen Bild der Synkope kommt. Ansonsten kommt es ohne raschen Beginn von Reanimationsmassnahmen mit i.d.R. elektrischen Terminierung der Rhythmusstörung zum plötzlichen Herztod. Kommt es beim Erstereignis der Rhythmusstörung gleich zum Versterben des Patienten, lassen sich post mortem keine klassischen Befunde nachweisen und somit kann das Brugada-Syndrom nicht mehr diagnostiziert werden, was die vermutete Häufigkeit vermutlich deutlich verfälscht.

Wird die Episode überlebt und zeigen sich die klassischen EKG-Veränderungen, so besteht die Indikation für die Implantation eines automatischen Defibrillators  (ICD/AICD).

Die klassischen EKG-Zeichen, die ein Brugada-Syndrom vermuten lassen, sind ähnlich einem Rechtsschenkelblock mit einem sog. R' in V1 sowie eine aszendierende ST-Hebung, wobei sich mehrere Untergruppen unterscheiden lassen.

 

Was sollte ich aber nun als (präklinischer) Notfallmediziner jeder Berufsgruppe zu dieser seltenen, bedrohlichen aber nicht leicht nachweisbaren Erkrankung wissen?

 

1.) Berichtet mir ein Patient von bei ihm oder einem nahen Familienmitglied nachgewiesener Erkrankung und einem Ereignis, welches klinisch mit einer selbstlimitierenden tachykarden Rhythmusstörung vereinbar ist, so sollte man es absolut ernst nehmen und den Patienten einer stationären Abklärung unterziehen.

 

2.) Die Bedeutung einer ordentlichen Synkopenabklärung sollte grundsätzlich nicht unterschätzt werden. Sollte sich grundsätzlich keine hinreichende andere gutartige Ursache der Synkope nachweisen lassen bzw. die Kriterien einer "high-risc Synkope" erfüllt sein, so sollte eine ausführliche Abklärung unter i.d.R. stationären Bedingungen erfolgen. Bereits präklinisch sollte ein 12-Kanal-EKG geschrieben werden, was in der Klinik wiederholt wird. Dort wird dann auch ein Langzeit-EKG veranlasst.

Für mich persönlich ist es für Präkliniker nicht zwingend die klassischen Zeichen im EKG selbst erkennen zu können, jedoch ist das umgehende Erfassen eines 12-Kanal-EKGs mit späterer Befundung in der Klinik zu fordern.