Tücken der Technik

Ich möchte ähnlich wie bei einem CIRS kurz zwei Probleme/Schwierigkeiten darstellen, wie sie mir in der letzten Zeit glücklicherweise ohne anhaltenden Patientenschaden widerfahren sind, damit es möglichst nicht erneut zu solch kritischen Situationen kommt.

 

Problem 1: Das Demand-Ventil

Bei einer bewußtlosen Patientin soll aufgrund einer Tablettenintoxikation im RTW eine Schutzintubation als RSI durchgeführt  werden.

Während der Vorbereitungen für die RSI (Monitoring, 2 Venenzugänge, aufziehen der Medikamente, richten der Intubationsmaterialien incl. Absaugung), entferne ich die Sauerstoffinsufflationsmaske (6l/min) und möchte die Patientin über einen Beatmungsbeutel (Cave: nicht jeder Beatmungsbeutel läßt eine Spontanatmung und somit Präoxygenierung zu) mit Demand-Ventil  präoxygenieren. Hierzu wird mir der Beutel mit dem Sauerstoffanschluss gereicht. Ich prüfe die Maskengröße und beginne mit der Präoxygernierung. Das fünfköpfige Team ermöglicht ein zügiges Arbeiten durch parallele Tätigkeiten, jedoch entsteht hierdurch ein gewisser Geräuschpegel und für mich auch eine mentale Beanspruchung alle Vorbereitungen (scheinbar) im Auge zu behalten. Die Vitalwerte sind weiterhin stabil und so beginnen wir nach Abschluss der Vorbereitungen mit der Narkoseinduktion. Kurz nach dem Sistieren der Atmung kommt es während der unkomplizierten und schnellen Intubation prompt zu einem Sättigungsabfall. Als der Beatmungsbeutel an den Endotrachealtubus angeschlossen wird ist nur ein Beatmungshub möglich, danach füllt sich der Beutel nicht mehr. Schnell vermuten wir eine Fehlfunktion des Demand-Ventils und diskonnektieren es vom Beatmungsbeutel. Kurzzeitig erfolgt die Beatmung bei fallender Sauerstoffsättigung daraufhin mit Raumluft, ehe die Patientin nach Verifikation der Tubuslage (Intubation unter Sicht, Kapnographie, Auskultation) an den Transportrespirator angeschlossen wird. Daraufhin erholt sich die Sauerstoffsättigung innerhalb weniger Sekunden auf 100%. Bei der Überprüfung des Demand-Ventils fällt auf, dass es nicht ganz korrekt im Deckenanschluss arretiert  war und somit keinen Sauerstofffluss freigegeben hat. Während der vermeintlichen Präoxygenierung atmete die Patientin über das Atemventil des Beatmungsbeutels Raumluft, durch die vorherige Sauerstoffinsufflation blieb die Sauerstoffsättigung aber stabil. Da aber keine pulmonalen Sauerstoffreserven mehr vorhanden waren, kam es bei Apnoe dann zum prompten Sättigungsabfall. Eine Beatmung über den Endotrachealtubus und Beatmungsbeutel war dann nicht mehr möglich, weil sich der Beutel weiterhin nicht über das angeschlossene Demand-Ventil füllen ließ.

Lehre: Ich hatte kein Cross-check des Demand-Ventils durchgeführt. Ggf. ist mir durch den recht hohen Workload nicht aufgefallen, dass das typische Geräusch des Demand-Ventils fehlte. Da zuvor das Blut mit Sauerstoff recht gut aufgesättigt war, blieb die pulsoxymetrische Sättigung während der vermeintlichen "Präoxygenierung" stabil, so dass ich mich in Sicherheit wähnte.

 

Problem 2: Drehregler am Beatmungsgerät

Eine Patientin soll intubiert/beatmet in die Klinik transportiert werden, hierzu wird sie an einen einfachen Transportrespirator angeschlossen. Auf dem Transport fällt mir ein niedriges etCO2 auf (20mmHg). Daraufhin kontrolliere ich, ob eine Hypotonie vorliegt bzw. ob es eine veränderte Kapnographiekurve gibt. Jedoch finde ich keine Auffälligkeiten. Die Atemfrequenz liegt bei 10/min, daher vermute ich eine Hyperventilation im Sinne eines zu hoch gewählten Minutenvolumens. Ich kann nur den Deckel des Drehreglers erkennen (Beatmungsgerät hängt vergleichsweise hoch an der gegenüberliegenden Fahrzeugwand) und schraube von ca. 8l/min auf 5l/min hinunter, was mir für die erwachsene Notfallpatientin schon recht wenig erscheint. Dennoch kommt es bis zur Ankunft in der Klinik ca. 4min später nur zu einem etCO2-Anstieg auf 25mmHg. Soll ich etwa das Minutenvolumen oder die Frequenz weiter senken? Nach dem Entladen aus dem Fahrzeug stelle ich fest, dass der Deckel des Drehreglers um ca. 4l/min verrutscht ist (und zwar gegenläufig wie auf dem unten gezeigten Bild angedeutet). So beatmete ich initial statt mit 8l/min mit ca. 12l/min und später reduziert immer noch mit immerhin 9l/min. Einen Überdruckalarm gab es zu keinem Zeitpunkt, was vermutlich einer guten Lungencompliance der Patientin und der Tatsache geschuldet ist, dass ich bei Notfalltransporten den maximalen Spitzendruck vergleichsweise hoch wähle, damit der Respirator nicht bei jedem Schlagloch die Inspiration abbricht.

Lehre: Es ist wichtig beim Check zu überprüfen, ob der Deckel des Drehreglers passend aufgedreht ist. Ich hatte die Zeichen der Hyperventilation zwar richtig erkannt und andere Ursachen der endexspiratorischen Hypokapnie ausgeschlossen. Durch den fehlerhaften Drehregler hatte ich das viel zu hohe Minutenvolumen jedoch nicht erkannt. Aus genannten Gründen gab es zudem auch keinen Überdruckalarm, der mich auf die fehlerhafte Einstellung hätte aufmerksam machen können.

 

Es handelt sich in beiden Fällen zwar um scheinbar technische Komplikationen, ich möchte jedoch keinesfalls Vorwürfe gegen die Hersteller der Produkte erheben. Bei Problem 1 lag offensichtlich ein nicht erkannter Anwenderfehler vor, bei Problem 2 ist es zwar ungünstig, dass der Deckel des Drehreglers verrutschen kann, jedoch hätte es beim Check auffallen können und müssen. Daher ist auch bei diesen beiden Problemen der Faktor Mensch nicht zu vernachlässigen, weshalb ich die beiden Situationen hier vorstelle.