First Responder

Diese Woche steht wieder die alljährliche Hauptversammlung des DRK OV Hexental an, zu der die First Responder Gruppe Horben gehört, für die ich auch aktiv bin.

Ich finde es immer wieder erstaunlich, wieviele Notfalleinsätze in unserer kleinen Gemeinde sind und immerhin können wir einen großen Teil mit Helfern der First Responder Gruppe (5 Freiwillige, alarmiert auf Zufallsbasis, jeder Helfer hat seinen eigenen Rettungsrucksack) begleiten.

Für mich selbst ist es eine grandiose Möglichkeit mich ehrenamtlich und hilfreich ins Dorfleben zu integrieren und auch medizinisch ist es für mich eine große Bereicherung: Es macht mich sehr demütig mit eingeschränktem Equipment und v.a. oftmals allein ohne gewohntes Team vor meinem Patienten zu stehen, in der Regel ca. 10min vor dem Regelrettungsdienst. Die nützt oft meine ganze Ausbildung nichts bzw. macht mich nicht schneller oder kompetenter als jeder Sanitätshelfer. Es ist für mich aber immer wieder eine große Befriedigung für die Patienten und Angehörige da sein zu können und erste Massnahmen zu ergreifen, ehe der Rettungsdienst eintrifft.

Dennoch gebe ich zu, war ich zu Beginn nicht unkritisch: Braucht es das überhaupt? Rechnet sich der Aufwand? Ist es nicht ein Spielplatz hypertropher Retter?

Mittlerweile sind bei mir alle Zweifel ausgeräumt, was hauptsächlich am tollen Team liegt: Wir sind ein RA, zwei Intensivkrankenschwestern, eine MTA und ich mische so gut ich zeitlich kann auch mit. Wir versuchen schnell und unauffällig zu agieren, ohne großes Aufsehen und ist der RD da sind wir auch rasch wieder weg, wenn wir nicht mehr benötigt werden.

Natürlich kann man trefflich streiten, ob wir durch unsere Einsatz wirklich ein Menschenleben gerettet haben, diese Diskussionen halte ich auch für mühsam und nicht zielführend. Auch im Regelrettungsdienst ist nur ein Bruchteil der Einsätze wirklich primär lebensrettend. Daher rücken wir auch nicht nur bei gemeldeten Reanimationssituationen aus, sondern wir werden nach AAO bei allen Notfalleinsätzen (mit und ohne NA) vorgeschlagen und zumeist entscheidet sich aus gutem Grund der Disponent für eine Alarmierung der First Responder.

Was sind in meinen Augen die Vorteile einer solchen Gruppierung im ländlichen Raum:

1.) Absichern der Unfallstelle und ergreifen von Schutzmassnahmen

2.) Ergreifen lebensrettender Sofortmassnahmen und Beginn einer fokussierten Anamnese.

3.) Beginn der rettungsdienstlichen Routineversorgung wie erheben der Vitalfunktionen, Sauerstoffgabe und Anlage eines venösen Zugangs mit Laborblutentnahme.

4.) Psychosoziale Betreuung des Patienten und der Anwesenden, ggf. auch über den Einsatz hinaus.

5.) Qualifizierte Rückmeldung an die Rettungsleitstelle mit der Option eines Up-/Downgradings der alarmierten Rettungsmittel.

6.) Einweisung, Lotsendienste und Zubringer der anderen Rettungsmittel (RTW, NEF, Zubringer der RTH-Crew oder Ausweisung eines adäquaten Landeplatzes ohne Hindernisse).

7.) Mehrfach konnten durch Orts- und Personenkenntnisse fehlerhafte Alarmierungen rasch korrigiert werden (falsche Adresse etc.)

8.) Im Ausnahmefall konnte kein NA aus dem Regelrettungsdienst gestellt und durch mich übernommen werden. Ebenso konnten RTWs mit extrem langer Anfahrt mitunter ihren Einsatz abbrechen, da keine Transportindikation per RTW  bestanden hat.

Es geht also bei Weitem nicht nur um das blanke Retten von Menschenleben, sondern:

a.) Verkürzung des therapiefreien Intervalls

b.) Schnelleres Eintreffen des Rettungsdienstes beim Patienten

c.) Beschleunigung der prähospitalen Versorgung bis zum Transportbeginn

d.) Ressourcenanpassung (Nachfordern/Abbestellen von Rettungsmitteln)

e.) Verbesserung der psychosozialen Betreuung

Ich erlebe nur eines von sehr vielen hilfreichen Gruppierungen dieser Art, kann mir halt aber nur über unsere Gemeinde eine wirkliche Meinung erlauben, die ich aber auch gerne engagiert und vehement vertrete.

 

Ziel dieses Beitrags soll nicht sein uns selbstgefällig auf die Schulter zu klopfen, sondern ich möchte allen Lesern, die im ländlichen Bereich leben, sich solchen Gruppierungen an zu schließen bzw. sich ggf. im Aufbau einer solchen Gruppe zu engagieren. Habt Mut Euch (mit Eurer Erfahrung) motiviert ein zu bringen. Für mich ist es nicht nur ein Dienst am Nächsten, sondern auch (wie oben ausgeführt) eine große Bereicherung die mich reifen lässt. Ich erfasse dabei ganz andere Aspekte und Bedürfnisse, als wenn ich als Regel-NA an eine Einsatzstelle komme.

Auch wenn ich es bei uns noch nicht so erlebt habe, so hätte ich doch noch folgende mahnende Bitte an alle Leser, auch wenn es eigentlich selbstverständlich sein sollte: Seid stets dankbar für den Einsatz von Ersthelfern (egal ob Laien oder First Responder) und kommuniziert es auch so, sie leisten wirklich eine extrem wertvolle Hilfe, Gegenseitiger Respekt trägt den gemeinsamen Einsatz. Alle haben eine gute Absicht im Sinne des Patienten, nun gilt es "nur" noch die Massnahmen ab zu stimmen, und schon hat man das Ziel einer schnellen und guten rettungsdienstlichen Versorgung erreicht.

Was will man mehr?

Also, habt Mut und bringt Euch ein! Es geht nicht ohne Ehrenamt!

Wenn es noch nicht institutionalisiert besteht, sucht den Kontakt zu den lokalen Hilfsorganisationen und lasst Euch nicht so schnell entmutigen. Solche Projekte brauchen ihre Zeit, lohnen sich im ländlichen Bereich aber ganz sicher im Sinne Eurer Patienten, der es dem System (nicht Euch, und das ist gut so), danken wird.