Outtake: Gedanken zur Motivation

Für ein anderes großes Projekt beschäftige ich mich gerade mit dem Thema "Motivation". Ich denke, unsere Motivation für irgendetwas bestimmt nicht unwesentlich unser Leben. Ganze Bücherregale kann man mit der einschlägigen Literatur mühelos befüllen. Daher kann und will ich auch nicht zu diesem Thema mit Neuigkeiten aufwarten. Wie so oft ist meiner Meinung nach auch hier aber bereits das "drüber nachdenken" und das "bewußt machen" schon ein erstrebenswertes und hilfreiches Ziel. Somit soll auch dieser Beitrag eher als "Denkzettel" beim Leser dienen.

Meine erste Assoziation mit dem Begriff Motivation sind Extremsportler. Sie vermögen aufgrund einer hohen intrinsischen und zudem ebenfalls perfekt trainierten Motivation scheinbar unmenschliche Leistungen zu vollbringen. Jedem von uns ist klar, dass solche Extremsportler eine extrem hohe und außerordentliche Motivation haben müssen. Da sich mein innerer Schweinehund bereits wenige hundert Meter vom Haus entfernt meldet und ich somit scheinbar kein sportliches Motivations-Naturtalent bin, musste ich mich halt diesbezüglich belesen. Es gibt ja auch eine Unzahl an Büchern von Sportlern sowie ihren Trainern, die sich darüber auslassen; gemäß meiner sportlichen Interessengebieten habe ich mich dann erst einmal auf Ultramarathons und Ultratrails beschränkt - es hätte aber zweifellos noch viele andere Sportarten gegeben, aber ich denke die Prinzipien sind immer ähnlich. Ein weiterer Berührungspunkt mit der Thematik Motivation ergibt sich allabendlich im Fernsehen, wenn dort vom "Motiv" die Rede ist. Warum tut jemand solche (schlimmen) Dinge und bezahlt dafür ggf. einen extrem hohen Preis (lange Haftstrafe)? Nur so? Sicher nicht! Auch in der Wirtschaft und im Management hat man das Thema Motivation für sich entdeckt. Motivierte Mitarbeiter sind erfolgreich und zugleich zufrieden - was will ich als Führungskraft mehr? Aber was braucht es dazu? Reichen Titel, Mandate und v.a. Geld aus um die Mitarbeiter zu motivieren? Ich denke nicht, auch wenn diese Art der Anreize eine wichtige Rolle spielen, da sie der Natur des Menschen entsprechen. 

Aber natürlich will ich dieses Thema nicht mit den Augen eines Extremsportlers, Kriminalisten oder Managers betrachten, sondern vielmehr universeller und wenn schon speziell, dann mit dem Fokus auf die in der Akutmedizin Tätigen.

Um es einfach und somit greifbar zu machen will ich zur Erklärung dieser an sich hoch komplexen Thematik exemplarisch nur einen Ansatz verwenden, wohlwissend, dass dies der Komplexität der Realität nicht gerecht wird.

Motivation kann man auch mit "Ziele haben" übersetzen. Und Ziele darf man nicht mit Wünschen verwechseln. Jeder Mensch wünscht sich ständig irgendetwas: Sonniges Wetter, etwas mehr Geld, ein Teller der Leibspeise und gegen ein Gläschen meines Lieblingsweins hätte ich gerade auch nichts ein zu wenden.... Lauter schöne Sachen, aber dies hat nichts mit Zielen zu tun. Wünsche sind häufig spontan und kurzlebig, manche (oft) größere Wünsche sind aufwendiger, teurer und bestehen daher länger. Man erhofft sich jedoch mehr oder minder einfach den Eintritt dieses Wunsches wie beim Geburtstag oder an Weihnachten. Aber wirklich etwas dafür ehrgeizig tun will man zumeist nicht. Dies ist nämlich das Merkmal des Ziels: Ich will unbedingt und mit all meiner Kraft dieses mir persönlich selbst gesteckte Ziel erreichen. Ich nehme dazu Anstrengungen und Entbehrungen in Kauf und mit etwas Glück ist der Weg dorthin schon etwas das Ziel. Ziele kann man keinem Menschen vorschreiben, sie sind dazu viel zu individuell, dies muss jeder mit sich selbst ausmachen.

Was sind Eure Ziele? Für was seid Ihr bereit hart zu kämpfen? Auch wenn es lange dauert, der Ausgang unbekannt und der Preis hoch ist? Wenn DU mir eine Antwort hast, dann gratuliere ich Dir von Herzen, denn Du gehörst heute zu einer Minderheit!

Mein ehemaliger Chef fragte im Mitarbeitergespräch oft: " Wo sehen Sie sich in drei, und wo in zehn Jahren?" Betreten und etwas peinlich berührt blickte ich zu Boden und suchte eine bescheidene und zugleich ehrenhafte Antwort. Peinlich war mir die Situation, weil ich spontan selbst keine Antwort wußte.... Es gab mir zu denken, dieser Denkprozess tat mir auch spürbar gut, auch wenn ich am Anfang dachte es geht nur mir so und sei ein Zeichen demütiger (falscher) Bescheidenheit. Mit der Zeit hatte ich jedoch den zunächst beruhigenden Eindruck, dass ich damit nicht allein bin. Es scheint mir in gewisser Hinsicht auch ein Generationsproblem zu sein. Grob kann man sagen, um so jünger der Mensch ist und somit häufig vereinfachend gesagt sorgenfreier die Entwicklung, um so weniger Zielvorstellungen scheint es zu geben. Ich kann mir schon die Kritik an diesen Aussagen vorstellen, aber meine regelmäßigen Leser wissen, dass ich gern mal etwas provoziere und polarisiere...

Jedenfalls probierte ich es mal bei freiwilligen Coachinggesprächen aus und fragte die jungen Kollegen: "Was willst Du denn mal werden? Was sind Deine beruflichen Ziele?" Eine prompte und stichhaltige Antwort habe ich ehrlich gesagt nie bekommen, viel mehr blickte ich ebenfalls in verblüffte und peinlich berührte Gesichter.

Aber warum brauche ich überhaupt berufliche Ziele? Ist es nicht "old fashioned"? Reicht es nicht aus einfach einen guten Job zu machen? Ahhh, ist das wirklich Euer Ziel? Einfach einen guten Job machen? Sind Eure Ansprüche an Euch selbst nicht höher als nur"Dienst nach Vorschrift"?

Das Schwierige an den Zielen ist die richtige Zieldefinition: Zunächst einmal zweifeln viele, ob es wirklich angemessen ist Ziele zu haben, oder ob es eben nicht ein Zeichen von demütiger Bescheidenheit ist darauf zu verzichten und somit "anspruchslos" zu sein. Manche Führungsperson will es einem vielleicht auch so aufdoktruieren: Man soll selbst auf persönliche Ziele verzichten, sondern sich den Zielen des Unternehmens unterordnen. Kurzfristig ist dies vielleicht nicht schlecht, aber wie lange geht es gut??? 

Dann kennt jeder von uns auch Personen, die schon einmal mit ihren Zielen geprahlt haben, die sie dann aber nicht erreicht haben, was dann an ihrem Ansehen nachhaltig gekratzt hat. Da kommt vielleicht der alte Spruch "Hochmut kommt vor dem Fall" zum Tragen, denn das "wie" der Bekundung eines Ziels macht hier wohl die Musik. Es sagt keiner, dass man seine Ziele zu Markte tragen und damit hausieren gehen sollte. Ziele sind etwas persönliches und fast schon intimes - nichts um was man ein Geheimnis machen oder gar falsche Fährten legen sollte (dies kommt auch nicht gut an, wenn die Wahrheit ans Licht kommt), aber eben nichts für die breite Öffentlichkeit.

Es kann bei langfristigen und vergleichsweise großen Zielen auch sein, dass man sie anpassen bzw. modifizieren muss, aber das auch nicht wie das Fähnchen im Wind jeden Tag, sondern eher nur bedacht und kontrolliert wenn die Umstände es erfordern. Nun zum Schwierigsten - der Größe bzw. der Umfang eines Ziels. Ist das Ziel zu klein gefasst hat man es eigentlich bereits mehr oder minder eh bewältigt und es wird schnell lächerlich. Ist es zu groß und zu langfristig, ist es dahingehend riskant, dass man eher scheitern kann bzw. sich mit der Zeit die Erfordernisse so verändern, dass man sein Ziel flexibel verändern muss. Hier ist wie bei so vielen Dingen im Leben noch kein Meister vom Himmel gefallen sondern es ist ein Übung- und Reifeprozess, der die eigene Ausdauer und Selbstkritikfähigkeit fordert.

Grundsätzlich können Ziele extrem unterschiedlich sein und im Prinzip ist alles erlaubt und braucht keine Rechtfertigung (außer man kommt durch seine Pläne mit dem Gesetz und/oder Moral in Konflikt. Egal ob Leitungsfunktion, Selbstständigkeit, gute work-life-balance, hohes Einkommen, fachliche Brillianz, familiäres Glück, sportlicher Erfolg, spirituelle Erfüllung, mediale Präsenz, Bewunderung oder oder oder... es gibt kaum Grenzen. Man hat heutzutage und in unserer Gesellschaft daher eigentlich mehr mit der Qual der Wahl als mit den Zielen an sich zu kämpfen. Daher gibt es auch Leute, die sagen, dass es "uns" zu gut geht um "gesunde" Ziele zu verfolgen... klar waren die Ziele in Krisenzeiten deutlich schneller definiert... aber gar so einfach würde ich es mir nicht machen...ich würde sagen nur die Ansprüche an die Ziele und deren Umsetzung hat sich verändert.

Das Wichtigste für einen selbst erscheint mir mit sich selbst in einen kritischen Dialog zu treten, was man überhaupt will (Zieldefinition), wie man diese Ziele erreichen kann und welchen Preis man bereit ist dafür zu bezahlen. Es ist zudem wichtig daran zu arbeiten, dass einem bereits der Weg zum Ziel lohnenswert und befriedigend erscheint, sonst geht einem rasch die Luft aus. Und hat man ein großes Ziel erreicht kommt dies zumeist auch nicht plötzlich und unerwartet, dann darf man sich auch erst einmal eine Pause gönnen, aber wir alle sind vermutlich schon einmal nach einer Prüfung o.ä. in ein Loch gefallen, weil wir uns nicht rechtzeitig gefragt haben, wie es denn danach weitergehen soll.

So, lange genug über Ziele lamentiert, ich will nun abschließend nochmal auf die Motivation zurück kommen, Ich weiß, es ist sehr vereinfachend und nicht angemessen die Motivation  mit Zielverfolgung gleich zu setzen, aber ich wollte es eben greifbar machen. Zudem glaube ich, dass es ohne Ziele fast keine hohe Motivationslage geben kann. Und wenn dies einer von sich behauptet, ist er vielleicht nur nicht ehrlich genug zu sich. Klar, es mag auch Ausnahmen geben, aber es ging mir hier wie so oft mehr ums Prinzip als ums Detail.

Was meine Ziele sind? Was für eine indiskrete Frage... ich werde es nicht hinausposaunen... aber ich habe welche und arbeite an ihnen so gut es meine Disziplin zu lässt... wer mich kennt oder zumindest diese Seite regelmäßig liest wird einige meiner Zielen schon erkannt haben. Aber hier in diesem Artikel geht es mir auch nicht um mich uns ist sicher auch keine Selbsttherapie, sondern es geht um Dich!

Für diejenigen, die ich erreicht habe: Auf geht's, ich wünsche Euch viel Erfolg!

Für diejenigen, bei denen es mir nicht gelungen ist: Es tut mir leid...für Euch...aber ich habe es zumindest versucht.