Addison-Krise

Bevor ich am Samstag in den Skiurlaub entschwinde habe ich nochmal meine Lehrbücher hervorgekramt, um zwei akutmedizinische Fälle der letzten Zeit auf zu arbeiten.

Es ist umstritten, ob es tatsächlich so war, aber ich hatte zumindest den V.a. auf eine sekundär bedingte akute Addison-Krise. So oder so soll es für mich aber nun Anlass sein, mich mit diesem potentiell lebensbedrohlichen Zustand zu beschäftigen, denn wenn ich ehrlich bin war ich zu dem Zeitpunkt der Konfrontation mit dem Verdachtsfall recht blank...

 

Es handelte sich jedenfalls um einen ca. 70 jährigen Patienten, der wegen eines M. Chron schon seit Jahren wechselnde Dosen Prednisolon erhalten hat, zuletzt nur noch eine sehr geringe Menge, die dann auch schließlich ganz abgesetzt wurde. Nun wurde selbiger Patient dann septisch auf die Intensivstation aufgenommen, der Grund der Übernahme waren rezidivierende Stürze und AZ-Verminderung in einer Reha-Einrichtung. Der übliche Behandlungpfad wurde daraufhin abgearbeitet mit Gefäßzugang/Volumengabe, mikrobiologischer Diagnostik und Beginn einer empirischen mikrobiellen Therapie mit Tazobactam. A.e. ging man von einem Erysipel bei CVI aus, aber auch eine Bakteriämie oder Pneumonie konnte nicht sicher ausgeschlossen werden, der Urin war jedenfalls blande.

Wie auch immer, innerhalb der nächsten Stunden wurde der Patient zunehmend zirkulatorisch insuffizient. Weder Volumen noch Nordrenalin brachten den gewünschten Erfolg, Auch die Zeichen der Enzephalopathie namen drastisch zu und eine Atemwegssicherung bei Vigilanzminderung stand im Raum. Leider ohne vorherige Diagnostik entschied ich mich als Ultima Ratio bei vorheriger Kortison-Dauertherapie zur probatorischen Gabe von 100mg Hydrokortison. Daraufhin erholte sich innerhalb 30min der Blutdruck erstaunlich erfreulich, im Rahmen der  Fortführung der Hydrokortison-Gabe von 300mg/24h konnte innerhalb weniger Stunden die Noradrenalindosis auf 1/7 reduziert werden. Neben der Hypotonie passte zum sekundär bedingten M.Addison die vorherige Kortisontherapie (wenn auch niedrig dosiert) und nun die aktuelle septische Stressreaktion mit prärenalem Nierenversagen. Zudem klagte der Patient wiederholt über diffuse Bauchschmerzen mit Pseudoperitonismus (allerdings bei bek. M.Chrohn, der aber im Nachhinein nachgewiesen keine Krankheitsaktivität zeigt). Nicht zum M.Addison passend war eine Hypokaliämie und eine Hypernatriämie. Eine anständige Diagnostik über eine Abnahme von Cortisol und ACTH hatte ich leider in der vagen Akutsituation versäumt...

Hier nun das passende Lehrbuchwissen (man verzeihe mir die rustikale aber in meinen Augen pragmatische Vereinfachung), welches ich mir im Nachhinein erst zusammenlesen mußte:

 

M. Addison = Hpokortisolimsus = Nebenniereninsuffizienz (E27.4)

Primäre Form: Autoimmunadrenalitis, Karzinommetastasen, Infektionskrankheiten (Sonderfall Waterhouse-Friderichsen-Syndrom), Blutungen, Operative Entfernung der Nebennieren.

Sekundäre Form:  Verminderung von ACTH durch Insuffizienz von HVL oder Hypothalamus, sowie bei Langzeitbehandlung mit Kortison-Präparaten (erstaunlicherweise mag hier kein Experte eine wirkliche Mindestmenge an Kortison benennen); zumeist getriggert  durch eine akute Stressreaktion wie Skepsis, OP, Trauma, etc....  

Klinik: Adynamie, Hypotonie/Schock, Abdominelle Beschwerden bishin zum Pseudoperitonismus, Hpoglykämie, metabolische Azidose, Hyponatriämie, Hyperkaliämie.

Diagnostik: Abnahme von Cortisol und ACTH vor Therapiebeginn, möglichst ACTH-Test.

Therapie: Auch hier sind sich die Experten erstaunlich uneinig... Bei primärer Form Gabe von Gluko- wie Mineralokortikoiden, bei sekundärer Form Glukokortikoide i.d.R. ausreichend. 

Notfalltherapie: (Probatorische) Gabe von 100mg Hydrokortison (oder 4mg Fortecortin (Dexamethason)), dann 200mg Hydrokortison/24h. Wichtig zu beachten ist, dass der Bedarf in einer Belastungssituation um den Faktor 2-5/d höher liegen kann.

 

Eigentlich könnte man hier noch seitenlang weiter schreiben, aber wer kann es sich merken? Wer es glücklicherweise kann sei die weiterführende Literatur empfohlen. Ansonsten bleibt einem wohl nicht Anderes übrig wie mir im Konfrontationsfall schnell nach zu lesen.

 

Quellen (sicher nicht ganz aktuelle Ausgaben, aber vermutlich nicht grundsätzlich falsch):

Innere Medizin, Gerd Herold, Eigenverlag

Innere quick, Philippe Furger, Thieme

Internistische Notfälle, Ronald A. Schoenenberger et al, Thieme

Tintinalli`s Emergency Medicine, Judith E. Tintinally, Mc Graw Hill Education