MEIN KAMPF mit der Performance – Folge 1

Vorbemerkungen

Bevor es losgeht  möchte ich noch folgende Dinge loswerden:

1.)  Wie immer bei Themen aus der Psychologie, Philosophie, Religion, Ethik etc. gibt es verschiedene Sichtweisen und Theorien, die alle nicht falsch sind, aber auch nicht alleinig richtig. Ich werde hier sicher auch nicht ein Universalrezept für eine gute Performance bieten können, das ist nicht mein Ziel oder Anspruch. Es sind vielmehr meine, sicherlich auch nicht vollständigen, Gedanken und Einschätzungen zu diesem Thema. Ich bediene mich hierbei vielerlei persönlicher Erfahrungen und Aussagen/Meinungen/Theorien Anderer und mach mir hierdurch „die Welt, wie sie mir gefällt“ bzw. wie sie mir sinnig und kongruent sowie praktikabel erscheint. Ich lade den Leser ein meinen Gedanken hierzu zu folgen und sich darauf ein zu lassen, wohlwissend dass jeder seine eigene Meinung hierzu hat. Für kritische Hinweise und Rückmeldungen zu meinen Ausführungen bin ich dankbar,  ich bitte aber um Gnade mir gegenüber.

2.)  Ich bin sicher kein Moralapostel oder ein exzellenter „Performer“, ich kämpfe vielmehr selbst mit meinen eigenen Ansichten und Theorien bzw. tu mich insbesondere mit der Umsetzung schwer. Daher habe ich bewußt, aber frei von politischen Ansichten, zugegebenermaßen etwas provokativ den Titel dieser Beitragsreihe gewählt.

3.)  Wir Menschen haben „Gott sei Dank“ (meine ich ehrlich), unsere Stärken und Schwächen. Kaum eine Maschine ist so fehleranfällig wie der Mensch, aber der Mensch ist wiederum fast einmalig gut in der Lage aus seinen Erfahrungen zu lernen, seine Schwächen und Fehler zu reduzieren sowie seine Stärken aus zu bauen. Selbstreflektion und Bereitschaft zur Weiterentwicklung sind in meinen Augen überlebenswichtig, aber bitte lasst uns auch unsere Menschlichkeit und somit Sensibilität bewahren.

 

Begriffsdefinition

Der psychologische Begriff der Performance ist nicht genau definiert und wird daher mitunter unterschiedlich verwendet. Unter Performance verstehe ich die situative/individuelle/menschliche Leistungsfähigkeit und ist daher immer nur eine Momentaufnahme. Man muss also ständig seine Performance an die gestellten Herausforderungen anpassen.  

 

Ein für mich einprägsames Modell der Performance habe ich bei Faktor Mensch von Daniel Marx gefunden: Dort wird hierzu das Modell der „kognitiven Ressourcen“  (bzw. Kapazitätenmodell nach Richter) des Luftfahrtpsychologen Andreas Richter vorgestellt. Man kann seine mentale Leistungsfähigkeit als ein Gefäß voller grüner und roter Kügelchen vorstellen. Die grünen Kügelchen stellen dabei die freien Ressourcen dar, die die Performance bestimmen. Die roten Kügelchen symbolisieren die blockierten Ressourcen aufgrund physischer wie psychischer Belastungen. Prinzipiell geht es bei den Strategien zur Verbesserung der Performance nun darum den Anteil der grünen Kügelchen maximal hoch und den der roten Kügelchen möglichst niedrig zu halten.  Eigentlich total einfach, wenn das Wörtchen wenn nicht wär....

 

Ich bin fester Überzeugung, dass jeder Mensch a priori eine gute Performance bieten/zeigen will, es ist nahezu instinktiv in uns verankert leistungsfähig sein zu wollen. Ich denke dieser Wille hat uns auch in der Evolution dann diesen privilegierten Platz in der Welt ermöglicht, den der Mensch nun inne hat (oder es zumindest glaubt es zu haben). Egal ob beruflich oder privat, jeder hat Leistungsansprüche an sich selbst und es gibt auch nicht wenige Anforderungen hierzu von extern. Ist es jemand wirklich absolut egal was und wie er etwas tut, so fehlt in meinen Augen ein wichtiger Aspekt der Persönlichkeit und Selbstachtung. Ich möchte mich sogar so weit aus dem Fenster lehnen, dass solche Menschen dann vermutlich sogar psychologischer/psychiatrischer Hilfe bedürfen, weil es dann keinen Kompass des Denkens und Handelns gibt. Man sehe mir bitte diese mal wieder provokative und polarisierende Einstellung nach...

 

Jedenfalls ist ein guter „Performer“ nicht gleich zusetzen mit einem „Poser“, „Blender“ oder  „Selbstdarsteller mit Halo-Effekt“. Er will nicht mehr sein als er ist sondern nur das Optimum aus sich und seinen Ressourcen herausholen – und dies halte ich für absolut legitim und erstrebenswert.

 

Abgrenzung

Die Förderung der Performance gehört für mich ganz klar zum großen Gebiet der Human Factors (HF) und Non-Technical Skills (NTS). In diesem Gebiet gibt es ja weiterhin recht große Unklarheiten der dazu gehörenden Aspekte und deren Benennung, aber ich denke es ist überhaupt nicht schlimm und kann auch frei sowie offen gesehen werden. Für mich gehört einfach alles dazu was nicht rein technisch oder fachlich-sachlich ist. Daher passt hier die Performance-Förderung absolut hinein.

Die HF und NTS haben ihren Ursprung in der Fehlerforschung und dienen der Fehlerreduktion. Ich bin ein großer Freund dieses Wissenschaftsbereichs, ich bin aber bei der Performance noch mehr begeistert, weil es deutlich vor etwaigen Fehlern ansetzt und es dem Lernenden leichter fällt sich mit dem „Gesunden“ als bereits mit dem „Kranken“ auseinander zu setzen. Auch in der somatischen Medizin erkennt man ja zunehmends, dass es sinnvoller ist die Gesundheitsförderung zu unterstützen und voran zu treiben als nach dem Schaden welcher Art auch immer die Diagnostik und Therapie. Also Physiologie vor Pathphysiologie! Fehler und Komplikationen werden nie ganz vermeidbar sein und das entsprechende Management ist elementar im Repertoire eines jeden verantwortungsbewußten Mitarbeiters, aber es erscheint mir noch mehr sinnvoll und effektiv zu sein bereits viel früher im Bereich der Performance an zu setzen.

Natürlich sehe ich die Inhalte hier immer durch die Brille des Akutmediziners, aber die Inhalte lassen sich in der Regel sehr einfach auf andere Arbeitsbereiche oder das Privatleben sowie Freizeitaktivitäten übertragen.

 

Performance-Forschung

Besonders im Leistungssport hat man recht früh im Rahmen der Professionalisierung damit begonnen sich mit der Performance auseinander zu setzen. Welche Faktoren tragen dazu bei, dass der Sportler am Tag des Wettkampfs auf den Punkt genau und präzise an seine Grenzen und darüber hinaus gehen kann? Was für alternative Möglichkeiten gibt es additiv zum muskulös-konservativen Training zur Leistungssteigerung?

Auch im Management und der Wirtschaft an sich hat man erkannt, dass es auch hier essentiell ist sich punktgenau und optimal zu präsentieren und agieren.

Wie in der klassischen HF- und NTS-Bewegung auch hängt und hinkt ebenfalls bei der Performance-Forschung die (Akut-)Medizin hinterher. Hier ist es den Medizinern egal welchen Fachgebiets und Profession zu wünschen, dass die Performance mindestens einen ebenso großen Aufwind erfährt wie die klassischen HF/NTS in den letzten Jahren.

 

Ausblick auf die nächsten Beiträge zu diesem Thema

Grundsätzlich sind die Einflussfaktoren auf die Performance ein sehr vielfältiges Konglomerat einzelner Aspekte, die ich im Folgenden sicherlich nicht erschöpfend und vollständig abarbeiten will und kann. Vielmehr soll das Ziel sein einen relativ einfachen und pragmatische Zugang zu dieser an sich komplexen Thematik zu schaffen / ermöglichen um dadurch aktiv Einfluss darauf nehmen zu können, was in meinen Augen grundsätzlich sehr effektiv möglich ist. Daher ist es meiner Meinung nach absolut lohnenswert sich mit dieser Thematik zu beschäftigen.

 

Performance ist für mich individuell, privat und manchmal schon etwas intim, weil es am innersten seiner eigenen Persönlichkeit kratzt und ansetzt.

Ich lade ein sich einfach mal offen auf das Thema  ein zu lassen um zur Selbstreflektion an zu regen und sich eine eigene Meinung für sich selbst bilden zu können. Viel Erfolg und auch etwas Spass beim Lernen von und über sich selbst!

 

Vorschau (u.a.) der Einflussfaktoren auf die Performance in den nächsten Folgen:

Fachwissen

Skills

Sachkenntnis

Müdigkeit, Hunger, Durst

Alkohol, Drogen

Über-/Unterforderung

Konzentration/Störungen/ Multi Tasking

Motivation/Antrieb/ Ansprüche an sich selbst/ Sozialer Aspekt / Ziele

Achtsamkeit/Resilienz/Gesundheit

Körperliche Fitness

Teamarbeit

Das Gute im Arbeiten und Sein der Anderen (an-)erkennen, Lernen am Vorbild

Freundlichkeit / Entschlossenheit

Vernachlässigung der eigenen Performance - Durchwursteln

Vertrauen auf Selbstwirksamkeit / Selbstvertrauen

Dark Side: Erniedrigung/Kränkung, Enttäuschung, Scheitern, Fehler

Trainingsoptionen

Eigen-/Fremdwahrnehmung, der erste Eindruck

Strukturierung, Priorisierung

Feiern können/dürfen

Erfahrung

Führung

CESAR

u.a.m.

 

FORTSETZUNG FOLGT!