Quo vadis?

Nein, keine Sorge, ich bin beruflich mit der Allgemein- und Notfallmedizin glücklich sesshaft geworden und plane daher keine Veränderung. Es gibt für mich noch mehr als genug fachliche Felder zu beackern und reichlich Entwicklungspotential.

 

Wobei ich gleich hier einen kleinen Exkurs machen möchte: Meine geplanten Fortbildungsveranstaltungen in Psychosomatik und Palliativmedizin liegen weiterhin auf Eis, was ich als sehr ärgerlich empfinde. Überall werden Massnahmen gelockert oder Lehrveranstaltungen online angeboten. Einerseits beklagt man sich über zu wenig breit ausgebildete Ärzte, andererseits wird keine Option angeboten auch in diesen Zeiten zu seinen Qualifikationen zu kommen. Aber egal, darum soll es hier nicht gehen.

 

Gerade weil also bei mir beruflich alles in trockenen Tüchern ist hatte ich mir dann zu Jahresbeginn überlegt, welche Ziele ich mir für 2020 setzen könnte, und zwar nicht nur als kurzfristige Vorsätze fürs neue Jahr sondern als nachhaltige Begleiter für die kommenden Monate.

 

Und so entstand die Idee meines persönlichen "Project Fourty" für 2020, was ich in mehrerer Hinsicht wörtlich nehmen wollte: Ein Termin ist fix, da ändert auch Covid19 nichts dran, im Oktober muss/darf ich einen runden Geburtstag feiern und komme daher nun langsam in den gefürchteten Bereich der "midlife crisis". Wobei ich dies eigentlich gar nicht fürchte und kein Anlass für "Project Fourty" wäre. Viel mehr wollte ich durch Sport und Gewichtsreduktion (wobei 40 Pfund etwas krass wären) mich wieder in einen Bereich bringen an Sportveranstaltungen teil zu nehmen. Und dies nur mit einem Finisher-Gedanken, also den Wettbewerb nur zu bestehen und nicht zu gewinnen. Ich brauche diese Etappenziele für den Diskurs mit dem inneren Schweinehund und der allzeit rennenden Uhr. Und so habe ich mir einige Events in den Kalender eingetragen und begonnen die Herausforderung an zu nehmen. Die ersten Kilo purzelten recht rasch und dank des neuen Rennrads zu Weihnachten und toller Laufstrecken am Haus ging es auch sportlich voran. Diese Ambitionen brachten mich mental auch gut über die ersten Wochen der Corona-Krise. Während sich Andere in ihren Wohnungen verkrochen haben genoss ich denn wunderbar sonnigen Frühling bei erquickenden Trainingseinheiten.

Was mir dann jedoch mehr zugesetzt hat als ich mir tapfer eingestehen wollte waren dann die zahlreichen Absagen, die mich ereilten:

- Freiburg Halbmarathon

- Schluchseelauf

- Seiser Alm Halbmarathon (I) mit Laufcamp

- Rosengarten Sky Race (I) über 42km und über 2000 Höhenmeter 

- Freiburger Laufnacht

 

- Urlaub Türkei mit Trainingslager

- Urlaub Österreich mit Trainingslager

 

Andere spätere Veranstaltungen sind auch unsicher, da ja dann viele Pflichtveranstaltungen nachgeholt werden müssen.

 

Natürlich ist dies alles ein Luxusproblem, dies will ich auch nochmal entschlossen feststellen! Uns geht geht es gesundheitlich, privat und beruflich gut und uns plagen keine wirklich existenziellen Sorgen. Da sollte ich nun mal die Bälle flach halten. Aber ich will ja auch nicht Jammern, sondern nur diskutieren, wie man damit umgeht, wenn einem das Ziel abhanden kommt.

Und dies, obwohl ich doch sonst predige, dass man sich immer einen Plan schmieden und ein Ziel verfolgen sollte. Dies gilt nicht nur für den Sport, sondern alle Lebensbereichen, die Einem wichtig sind. Dies erscheint zwar Vielen altmodisch, für mich hat es aber weiterhin Gültigkeit.

 

Ein Buch, welches ich passend dazu empfehlen kann ist "GRIT - Die neue Formel zum Erfolg - Mit Begeisterung und Ausdauer ans Ziel" von Angela Duckworth - die Lektüre war zwar für mich persönlich etwas langatmig, aber es hat mir dafür auch viel gebracht die Thematik des anhaltenden und ausdauernden Strebens nach einem Ziel zu durchdenken. Wer sich dafür interessiert aber kein Buch lesen will, dem seien die YouTube-Videos von Angela Duckworth empfohlen.

 

Und dies gab mir nun die Möglichkeit meine wahren Ziele und Pläne noch einmal zu überdenken und zu justieren. Es macht keinen Sinn gecancelten Chancen hinterher zu trauern. So sind nun mal die Zeiten und wir Alle müssen wahrlich aktuell größere Einschränkungen hinnehmen.

 

Daher bemühe ich nun lieber ein paar Sprichwörter, die wohl doch nicht leere Phrasen zu sein scheinen:

- Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah.

- Der Weg ist manchmal bereits das Ziel

 

Auch wenn ich gerne Veranstaltungen auch im Ausland absolviere und darauf begeistert hinarbeite, so sollte ich doch erkennen, wie schön wir es vor der Haustüre haben. Im Schwarzwald habe ich perfekte Bedingungen für so viele Ausdauersportarten und sollte alle vermeintlichen Trainingseinheiten auch als wunderbares Event empfinden. Dies sorgt dafür, dass ich mit offenen Augen und viel Interesse sowie Freude an der Landschaft unterwegs bin. Das Tagesziel ist nicht der Trainingsplan, sondern die Freude an der aktuellen Aktivität. Und ich muss eingestehen, dass ich dadurch viel mehr Freude daran und vermutlich sogar auch mehr Erfolg habe.

Ich bin schon sehr gespannt, wie sich die nächsten Wochen entwickeln, aber aktuell fahre/laufe ich sehr gut damit.

 

Wollte Euch aber eigentlich gar nicht mit meinen Seniorensport-Ambitionen belästigen, sondern habe sie mehr nur als Beispiel bemüht wie wichtig es ist, selbst zu reflektieren, was man eigentlich warum und mit welcher Motivation aktuell tut und auch welches Ziel man verfolgt. Hat man überhaupt ein Ziel? Kinder äußern schon früh rührige Berufswünsche und scheinen feste Vorstellungen zu haben. Ca. 20 Jahre später waren sich da Viele nicht mehr sicher, als ich junge Kollegen nach ihrem Berufsziel befragte. Finde es ja gut, dass nicht jeder Chefarzt werden will und auch die Work-Life-Balance nicht aus dem Blickfeld gerät, aber irgendeine Struktur bzw. Plan sollte das eigene Tun doch haben, oder? Mir ist es lieber, wenn jemand das Ziel hat möglichst viel Geld zu verdienen als wenn er/sie gar nicht weiß, warum man tagtäglich zur Arbeit geht. Viele schlagen sich zwar trist damit durchs Leben, aber große Sprünge bzw. eine tiefe Befriedigung kann man dadurch nicht machen/empfinden. Egal ob im Beruf, Sport oder anderen Lebensbereichen, alle Hochleister (Peak Performer) haben genaue Vorstellungen zu ihrem Tun. Dabei ist man niemanden schuldig diese eigenen und individuellen Pläne zu offenbaren. Nur sich selbst ist man eine Antwort auf diese Fragen schuldig. Übrigens habe ich allergrößten Respekt vor all denen Mitmenschen, die auch in scheinbar kleinen Dingen ihr Ziel sehen, denn dadurch werden sie groß und ehrenvoll. 

 

So viel zum heutigen Denkzettel meinerseits, freue mich auf eine rege Diskussion! Bleibt gesund und zielstrebig!