Aktuell ist ja wieder die Hochzeit der (Sport-) Veranstaltungen. Fast täglich finden in der Region eine oder mehrere Veranstaltungen statt und oftmals wird hierfür ein Sanitätswachdienst gefordert.
Ich war in der letzten Zeit auf drei (4) Veranstaltungen mit ihren besonderen Herausforderungen:
1.) Ultrabike-Marathon: Große internationale Mountainbike-Veranstaltung im Schwarzwald. Um 3000 Teilnehmer gehen auf verschiedenen Distanzen an den Start. Ich war für die Bergwacht Schwarzwald als Notarzt auf einem ATV (all terrain vehicle) unterwegs. Herausforderungen sind hierbei die langen Streckenverläufe durch z.T. für Strassenfahrzeuge nicht zugängliches Gelände. Neben der Strecke besteht nicht selten Absturzgefahr. Außerhalb des Start-/Zielbereichs ist daher die Bergwacht Schwarzwald federführend in Zusammenarbeit mit dem Rettungsdienst. Es kommt zu allen Arten von traumatologischen Notfällen von großflächigen und maximal verschmutzen Schürfwunden bis hin zu Polytraumen, aber auch zu internistisch/neurologischen Notfällen (Synkope, Elektrolytentgleisung, Asthma, Krampfanafällen,...) sowie thermischen Krankheitsbildern, welche stark von der Wetterlage abhängig sind: Es gab Jahre mit einer größeren Anzahl unterkühlter Patienten, aber auch Hitzeerschöpfung, Sonnenstich bis hin zum Hitzschlag sind bei gutem Wetter keine Seltenheit. Koordiniert durch die örtliche Einsatzleitung werden die Patienten entweder in das veranstaltungseigene Medical-Center (MC) oder in die umliegenden Kliniken gebracht.
2.) Freiburger Laufnacht: Seit mehreren Jahren unterstütze ich als Rennarzt den PTSV-Jahn Freiburg bei dieser Laufsportveranstaltung für Jung und Alt. In verschiedenen Wettkampfklassen treten etwa 2000 Läufer auf einem vergleichsweise kleinen Innenstadtparcours in mehreren Runden von max 1300m an. Vorteil ist die zentrale Lage in Freiburg, so dass mehrere Kliniken in kurzer Entfernung liegen und auf eine vergleichsweise große Zahl von Fahrzeugen des Regelrettungsdienstes zurück gegriffen werden kann. Vor Ort betreuen die Kollegen der Malteser traditionell die Veranstaltung. Medizinisch beachtenswert ist die hohe Anzahl teilnehmender Kinder und der "Hobby-Läufer" mit mitunter schlechtem Trainingszustand. Auch hier hat die Wetterlage einen erheblichen Einfluss auf die Patientenzahl.
3.) Sea you Festival: Großes Tecno-Event in Freiburg mit tausenden Besuchern, die zu mehreren hundert Patientenkontakten an einem Wochenende führen. Konsum von großen Mengen Alkohol und Drogen führen zu den entsprechenden Notfallbildern. Ein Großaufgebot von Rettungskräften ist am Veranstaltungsort, der Transport von Patienten in die umliegenden Kliniken erfolgt weitestgehend mit Fahrzeugen des Regel-Rettungsdienstes.
4.) Seiser Alm Halbmarathon (wie schon berichtet): 700 Läufer, 21km, 2000m Höhe, 600m Höhendifferenz. Hier besteht der Sanitätsdienst aus ca 4 Sanitätern des Weißen Kreuzes, ein Arzt sowie ca 5 Helfern der Bergwacht. Die Feuerwehr macht überwiegend die Streckenabsicherung. Erstaunlicherweise gibt es so gut wie keine Patienten, was wohl am ehesten an den vergleichsweise erfahrenen aber dennoch besonnenen Läufern liegt.
Ich möchte jetzt auch gar nicht in die Einsatztaktik der verschiedenen Veranstaltungen eintauchen, zumal die entsprechenden Einsatzpläne aus Sicherheitsgründen auch nicht öffentlich sind. Interessierte hierzu würde ich empfehlen bei entsprechenden Einsätzen zu hospitieren. Viel mehr geht es mir darum, mit welch unterschiedlichen Ansprüchen und Bedürfnissen die Anbieter von Sanitätsdiensten (zumeist die Hilfsorganisationen) ausgesetzt sind. Zumeist gibt es auch behördliche Vorgaben was die personelle und materielle Mindestausstattung angeht. Die öffentlichen Vorgaben beziehen sich aber zumeist nicht auf das Ausmass und die Qualität der angebotenen Hilfeleistungen. Oftmals ist das vorgehaltene Material für die entsprechende Veranstaltung nicht ideal, weil es dem Equipment für einen MANV oder gar Katastrophenfällen entspricht. So gibt es beispielsweise oftmals keine adäquaten Möglichkeiten der Wundreinigung und -versorgung nach modernem Standard bei Sportveranstaltungen. Es ist nicht immer geklärt wie weit die Behandlung vor Ort gedeckt ist, von den Verantwortlichen und auch der Versicherung. Wie lange dürfen Patienten vor Ort behandelt und überwacht werden, bis der Entschluss zum/gegen den Kliniktransport getroffen wird? Szenario: Patient erbricht nach anderthalb Stunden Behandlung im Sanitätszelt und aspiriert hierbei. Schuldhaftes Verhalten der Einsatzkräfte?
Genau so sehr möchte ich aber noch mal betonen, dass ich begeistert bin von den vielen engagierten und motivierten Helfern, welche bei diesen Veranstaltungen zumeist unentgeltlich ihren Dienst versehen. Sie Opfern ihre Freizeit für die Veranstaltungsteilnehmer und leisten eine hervorragende und professionelle Arbeit.
Mein Fazit dieses Beitrages soll daher sein: Ich möchte keinerlei Kritik an den o.g. Veranstaltungen äußern, sondern nur dazu aufrufen, dass sich die Veranstalter und die Dienstleister intensiv Gedanken machen, was bei der Veranstaltung wirklich wie geleistet werden soll und was die gegenseitigen Wünsche und Ansprüche sind. Sollte man häufiger entsprechende Veranstaltungen betreuen, sollte/muss ggf. die materielle Ausstattung angepasst werden. Zudem sind im Interesse aller Beteiligten die Verantwortlichkeiten exakt zu definieren.
Meiner Meinung nach wäre es ein fachlicher Zugewinn sowie eine Motivationsmöglichkeit die Helfer zusätzlich zu ihrer Grundausbildung auch spezifisch für die entsprechenden Veranstaltungen weiter zu qualifizieren bzw. fort zu bilden. Darunter verstehe ich bsp. Grundsätze der Sportmedizin / -traumatologie oder auch Toxidrome bei Festveranstaltungen. So fühlen sich auch die Helfer sicherer und sie können eine effektivere und professionellere Arbeit leisten. Allerdings bedarf es eines langfristigen Vorlaufs und es sollte auch eine entsprechende Freiwilligkeit obligat bestehen.
Ich wünsche allen Helfern bei den kommenden Veranstaltungen viel Freude und Erfolg - ihr macht solche Veranstaltungen erst möglich und v.a. sicher!
