Weitere Einsätze mit dem präklinischen Ultraschall

Werde ja nicht müde über meine Erfahrungen mit der präklinischen Sonographie zu berichten, weil Viele immer noch nicht davon überzeugt sind.

 

1.) Nachalarmierung mit dem RTH zu V.a. Bauchaortenaneurysma: Durch recht viel Luft im Bauch konnte ich zwar die Aorta nicht zufriedenstellend darstellen, aber immerhin ließen sich während der parallelen Transportvorbereitungen (kein Zeitverlust) folgende Aussagen treffen: Nieren als DD der Bauchschmerzen nicht gestaut, keine freie Flüssigkeit im Abdomen bzw. Thorax, kein Perikarderguss, keine Auffälligkeiten an der Gallenblase, normale Weite der V. cava als Hinweis auf den Volumenhaushalt sowie eine orientierend normale Pumpfunktion des Herzens. Somit sind wir im Zentrum nicht an die OP-Schleuse, sondern via Schockraum direkt ins CT gefahren, da die dortigen Kollegen den Angaben vertraut und nicht nochmal mit Zeitverlust eine Sonographie durchgeführt haben.

 

2.) Patient mit ACS incl. typischen Vernichtungsschmerz, der uns im mit den Worten empfängt "Ich habe ganz schlechte Venen, da finden Sie nichts". Wie oft habe ich das gehört und Patient sowie ich fanden es schlußendlich dann doch nicht so schlimm und schwierig. Dieser Patient behielt aber Recht: Auf die herkömmliche Art war an den Händen, Unterarmen, Ellenbeugen sowie an den Füßen nichts zu finden. Auch mit dem Sono war dort nichts darstellbar. Auch die V. jugularis externa war in Trendelenburg-Lagerung weder optisch noch sonographisch zu finden. Nun war guter Rat teuer: In die Leiste wollte ich nicht bei milder Adipositas, auch die V. subclavia wollte ich bei erhöhtem Blutungsrisiko ohne Möglichkeit der Kompression und ggf. Notwendigkeit der therapeutischen Antikoagulation, doppelter Plättchenhemmung oder gar Lyse lieber nicht punktieren. Schlußendlich habe ich dann sonographisch die kleine und schlitzförmige V.jugularis interna links mit einem 16 G PVK punktiert , damit die für einen ZVK bessere rechte Halsseite noch frei blieb.

Klar hätte man hier auch eine intranasale Analgesie machen können, aber darüber würde sich schlecht reanimieren lassen, sollte es soweit kommen... hier wäre dann i.o. besser, aber halt eher weniger beim noch stabilen Patienten mit Brustschmerzen...da erschien mir die zentrale Punktion am angemessensten. Über i.m. wollte/sollte ich nicht einmal nachdenken. 

Der Patient selbst führte seinen schlechten Venenstatus übrigens auf den Biss einer "Schwarzen Witwe" vor vielen Jahren in Südamerika zurück. Bin jetzt kein Spinnenexperte oder gar Toxikologie, aber das Gift dieser Spinnenart wirkt hauptsächlich wohl als Neurotoxin. Ob es auch die Blutgefäße nachhaltig schädigt ist mir nicht bekannt.

 

3.) In der kalten Jahreszeit führt fast jeder dritte Einsatz des bodengebundenen Notarztes zu Patienten mit einer respiratorischen Insuffizienz. Da finde ich dann neben der Anamnese und Auskultation die Sonographie ein wirklich effektives und hilfreiches Werkzeug um zwischen einer kardialen Dekompensation mit Lungenödem (B-Linien) +/- Pleuraergüssen und den entzündlichen Ursachen zu differenzieren, die häufig mit einem Volumenmangel einher gehen (kollaptische V.cava, "Herz schlägt leer"). In der Dekompensation will man eher Flüssigkeit ziehen, in der Sepsis zählt die großzügige Volumengabe weiterhin zu den wichtigsten Erstmassnahmen. Auch die Versorgungsstufe der Zielklinik lässt sich so effektiver festlegen.

 

Ja, ich weiß, man hätte die genannten Fälle auch alle ohne Sonographie adäquat lösen können, für mich ist sie aber dennoch eine große Hilfe und ich mag sie nicht missen. Auch die Teamkollegen und die aufnehmenden Kliniken geben mir positive Rückmeldungen, denn schlußendlich spart es Versorgungszeit und weitere Ressourcen.