Reaktivierung Schnittstellenarbeit Notfall- und Rechtsmedizin

2010 erschien in Zusammenarbeit mit Prof. Michael Bohnert das Buch "Rechtsmedizinische Aspekte der Notfallmedizin" von Sieglinde und mir bei Thieme. Dieses Buch gibt es leider nur noch als E-Book

https://www.thieme.de/shop/Notfallmedizin/Ahne-Ahne-Bohnert-Rechtsmedizinische-Aspekte-der-Notfallmedizin-9783131625816/p/000000000259924401?backSummaryUrl=

Dieses Projekt hat uns nachhaltig geprägt, so verschlug es uns schlußendlich genau an diese Schnittstelle; Sieglinde arbeitet in der Rechtsmedizin und ich bin in der Anästhesie/Notfallmedizin gelandet. Seither haben wir auch viele Fortbildungsveranstaltungen insbesondere zur Leichenschau und sonstigen Themenbereichen aus dem Buch gestalten dürfen.

In letzter Zeit drifteten wir jedoch in andere Teilbereiche unserer Fächer ab: Sieglinde ist im Kinderschutz sehr aktiv und ich widme mich ausgiebig den psychologischen Aspekten der Arbeit in der Akutmedizin. Diesen Steckenpferden wollen wir auch treu bleiben, aber man kann ja auch mal "alte Liebschaften" wieder reaktivieren....

So besuchte ich im Rahmen des DAC (siehe entsprechende Beiträge) u.a. den Vortrag von PD Dr. med. Claas Buschmann aus Berlin über das sich im Aufbau befindliche Register über traumatologische Todesfälle. Er ist ein versierter und hoch motivierter Protagonist an genau eben dieser Schnittstelle zwischen Notfall- und Rechtsmedizin. Er ist nicht nur ein viel angefragter Redner, sondern er hat auch eine ganze Reihe von beachtenswerten Veröffentlichungen hierzu verfasst. Ich gebe zu, zu einigen Äußerungen von ihm war ich kritisch eingestellt, was aber wohl im Nachhinein eher daran lag, dass mir seine eigentliche Intention dahinter nicht klar war.  Im "normalen Leben" ist er Oberarzt am Institut für Rechtsmedizin der Charité, hat aber auch eine rettungsdienstliche Vergangenheit.

Gelesen und gehört hatte ich also schon viel von ihm, aber live erlebt hatte ich "kleiner Notfallmediziner aus der Provinz" den "großen Rechtsmediziner aus der Hauptstadt" noch nie, weshalb ich eben nun auf dem DAC recht neugierig in die Sitzung marschierte.

Sein Vortrag war nicht nur exzellent heraus gearbeitet, sondern er beeindruckte mich auch persönlich in vielerlei Hinsicht: Seine Motivation und sein eiserner Wille für seine Projekte darf man wohl durchaus als ansteckend und mitreißend bezeichnen. Hinzu kommt natürlich ein extrem großes rechtsmedizinisches Hintergrundwissen, welches er gut vermitteln und weitergeben kann (man merkt ihm auch auf dem Kongress seine Erfahrung und Tätigkeit als Lehrkoordinator rasch an). Noch mehr beeindruckte mich aber, dass auch bei Ihm nicht alles glatt läuft und er mit (den gleichen) Widerständen (bis hin zu scheinbaren Kämpfen gegen Windmühlen) zu kämpfen hat. Vielen Entscheidungsträgern in der Rechts- und Notfallmedizin erschließt sich nicht die Sinnhaftigkeit und der Gewinn aus dieser Schnittstellenarbeit. Eine Arbeit, die nicht nur Todesfälle erklärlicher macht, sondern v.a. auch Leben retten kann! Fast alle Notfallmediziner (wie eigentlich auch der Großteil der Normalbevölkerung) ist fasziniert von der Arbeit der Rechtsmediziner, doch findet zumeist kein fachlicher Austausch und somit auch kein gegenseitiger Benefit statt, in der täglichen Praxis kommt man ja eh sequenziell und nicht parallel zum Einsatz. Dadurch "verschenkt" man quasi viele hilfreiche Erkenntnisse, die durchaus praktische Relevanz für die notfallmedizinische Arbeit haben würden.

Ich bin richtig happy, dass es mir gelungen ist im Nachgang zum DAC Kontakt zu Claas Buschmann her zu stellen und uns kollegial aus zu tauschen. Wir haben gemeinsame Visionen und Ziele, daher beabsichtigen wir künftig uns gezielt aus zu tauschen und vielleicht das eine oder andere Projekt gemeinsam voran zu treiben. Auch Sieglinde wird sich hier sehr gewinnbringend einbringen, hoffentlich auch mit einer Verlinkung zum Freiburger Institut für Rechtsmedizin.

Ich bin schon sehr gespannt, was sich aus diesem Kontakt bzw. Kooperation ergibt. Ebenso neugierig und angewiesen bin ich aber auch auf den Input meiner Blog-Leser: Was beschäftigt  Euch aus diesem Themengebiet? Wo bestehen die größten Unsicherheiten? Welche Aspekte sollten genauer beleuchtet werden?

Die Liste potentieller Ansatzpunkte ist bereits jetzt lang, aber die Relevanz und Dringlichkeit muss eben noch geklärt werden. Auch dann werden die Mühlen leider langsam mahlen, denn unsere Ressourcen neben dem "Tagesgeschäft" sind natürlich auch limitiert, aber bekanntlich höhlt der stete Tropfen ja den Stein.

Daher freue ich mich schon sehr auf die kommenden zu bearbeitenden Fragestellungen und den Austausch im Sinne und zum Nutzen von vital-gefährdeten Notfallpatienten. Somit kann man getrost sagen: Auch Rechtsmediziner können Leben retten! :-)

Claas, hab herzlichen Dank, ich freue mich sehr!