Mensch, mach doch mal wieder Urlaub

...Dies soll ein Ratschlag bzw. sogar eine eindringliche Empfehlung sein. Als einzigstes Gegenargument lasse ich gelten: Ich kann es mir leider nicht leisten zu verreisen. Dies finde ich schlimm und traurig, ich möchte mich gleich bei allen Betroffenen für die kommenden Zeilen entschuldigen. Allerdings bestimmen in meinen Augen die finanziellen Ressourcen nur das "wo" und "wie", nicht das "überhaupt". Man kann auch daheim grandiose Urlaube verbringen, wenn man es bewußt und achtsam angeht.

Ich möchte dem "Urlaub" einen Blogbeitrag widmen, denn er ist für mich keine Selbstverständlichkeit sondern vielmehr ein wichtiger Resilienzfaktor, vorausgesetzt man nutzt eben effektiv die zur Verfügung stehende Zeit. Ich möchte auch noch kurz auf den Begriff des "Erholungsurlaubs" aus der Arbeitswelt eingehen: Wir bekommen von unserem Arbeitgeber ein Kontingent an freier Zeit UND sogar noch Geld für ERHOLUNGsurlaub, doch oft wird dieser Begriff mit Füßen getreten (ich bekenne, dies habe ich auch schon zu oft selbst so gemacht). Wir nutzen den Urlaub "semi-beruflich" oder unternehmen Abenteuertrips, die mit Erholung aber nichts zu tun haben und man kommt erschöpfter zurück als man weg gegangen ist. Kein Wunder, dass der Arbeitgeber darüber nicht glücklich ist. Ich halte es für ein Privileg in einem Land zu leben, in dem es Erholungsurlaub gibt (der Großteil der arbeitenden Weltbevölkerung hat dieses Glück nicht) - ich sehe mich und uns daher aber auch in der Pflicht aktiv der Idee dieses ERHOLUNGsurlaubs nach zu gehen. Die Arbeitgeberseite macht dies (meiner Meinung nach berechtigt) nämlich nicht uneigennützig, denn nur erholt können wir wieder ein Maximum an Arbeitskraft der Firma zur Verfügung stellen. Lange Zeit ohne Urlaub führt zu erheblichen Einbussen der Leistungsfähigkeit / Performance.

Was Urlaub für mich so wertvoll und resilienzfördernd macht, möchte ich ganz exemplarisch und unvollständig anhand meines aktuellen Urlaubs darstellen, es gibt aber zweifelsohne auch noch tausende andere Möglichkeiten sich zu erholen. Es ist eine ganz individuelle Entscheidung, wie man das Ziel der Erholung angehen kann.

Ich habe momentan das große Glück mit meinen Lieben mal wieder im geliebten Südtirol zu sein. Eigentlich lebe ich ja am Fuße des Schwarzwalds selber in einer Ferienregion, für mich ist es aber wichtig zu verreisen, denn ich muss gestehen in bin daheim zu  schwach den Ablenkungen des Alltags zu widerstehen: Dann übernimmt man noch einen Dienst, hat die eine oder andere Besprechung, dann besuche ich gerade noch schnell eine Fortbildung, zwischendurch fahre ich Kindertaxi, eine gute Zeit fürs Ehrenamt wäre jetzt auch noch, am und im Haus gibt es immer etwas zu erledigen.... und schwups ist der Urlaub vorbei aber ich fühle mich nicht besser als zuvor. Ich bewundere Alle, die im Urlaub, egal wo sie sind, sich vollkommen vom Beruf/Alltag abkoppeln können. Dies gelingt mir definitiv nicht, denn dazu ist mein Beruf zu sehr Passion für mich. Dies ist aber meiner Meinung nach nicht schlimm und ich sehe es auch nicht ein über ein schlechtes Gewissen mich deswegen erneut zu stressen. Aber man sollte es bewußt langsamer angehen wie im Alltag und ich versuche die Schubladen in meinem Kopf mal wieder auf zu räumen und zu sortieren, und dies kann man hervorragend im Urlaub machen.

Bereits zum siebten mal sind wir hier in der Nähe von Seis und der gleichnamigen Alm, einem wunderschönen Hochplateau umrandet von den imposanten Dolomiten. Das Skigebiet ist nicht schwer und daher eignet es sich auch sehr für die Kids das Skifahren zu erlernen. Wenn wir schon dabei sind: Die Erholung will auch hier erarbeitet sein. Wer mit drei Kindern (9/4/1) und einer ausgewachsenen deutschen Dogge auf Reisen ist braucht ein gutes Management insbesondere von meiner Frau und mir, dass alle auf ihre Kosten kommen und alle müssen auch Kompromisse eingehen, was aber in meinen Augen ein Vorteil ist, denn es bremst uns in unserem Aktivitätsdrang in positiver Hinsicht aus und man muss sich quasi mal zu einer Pause zwingen. Ich glaube nicht, dass ich mit 50 Pistenkilometern und zwei Gipfeln mehr erholter wäre. 

Das Hotel Vigilerhof ist unser großer Ruhepol und kulinarische Oase, weshalb wir eben schon zum wiederholten Male hier sind, auch Alexa bezeichnet es schon als ihr Zuhause. Die hervorragende Südtiroler Küche ist eine Wucht und für uns alle ein wichtiger Bestandteil des Wohlfühlfaktors (einzig vom Ziel der Gewichtsreduktion bringt es mich meilenweit weg). Die Kinder können nachmittags/abends im ganzjährig offenen Pool ihre letzten ATP-Moleküle aufbrauchen, uns Erwachsenen zieht es da eher in die Sauna und den angeschlossenen Wellnessbereich (aktuell wegen der kleinen Victoria noch im Wechsel). Ganzjährig liegen unglaublich viele Sportmöglichkeiten in nächster Umgebung, für mich auch ein sehr wichtiger Punkt, da Sport daheim zu schnell mal wochenlang aufgrund vieler Verpflichtungen unter den Tisch fällt. Ich fühle mich dann nicht selten mental erschöpft, aber nicht körperlich. Dieses Ungleichgewicht macht mich fast rasend.... Daher liebe ich es hier auch viel körperlich aktiv sein zu können. Dabei stört es mich auch nicht dem Wetter ausgesetzt zu sein, nach strahlendem Sonnenschein gestern schneit es heute heftig und ich bin mit der kleinen Victoria im Hotel geblieben, aber gerade so ein Winterwetter entschleunigt mich sehr, weil man sich auch einfach mal der Witterung beugen muss und dadurch aber auch zur Ruhe kommen kann.

Das delikate aber üppige Abendessen gekrönt von einem Glas der Weinempfehlung erzeugen stets eine so wohlige Schwere, dass ich hier noch nie unter Schlafstörungen litt und mich innerhalb kürzester Zeit wieder in einen normalen Tag-Nacht-Rhythmus überführt hat, den ich daheim durch meine vielen Nachtdienste eigentlich schon aufgegeben habe. Daher schlafe ich in der Summe und am Stück auch mehr als daheim, was natürlich auch nicht zu unterschätzen ist, auch wenn ich bereits morgens um 6.30 mit dem Hund losziehe. Die Weinkarte ist seitenlang und es gibt hier meiner Meinung nach den besten Kaffee schlechthin aus einer Rösterei im Nachbardorf, dennoch trinke ich in der Summe weniger und genussvoller Kaffe und Alkohol als daheim. Dieses "Bremse-Gas-Spiel", auch wenn man weiß, dass es Blödsinn ist, ist daheim ja schon eine Standarddisziplin von mir, da tun mir die Urlaubstage hier auch in dieser Hinsicht richtig gut und tragen zur Entschleunigung extrem bei. 

Das ich hier mehr Zeit mit der Familie verbringe tut uns Allen gut und ich bin ehrlich beschämt darüber, dass ich erst im Urlaub von den Kindern viele Dinge realisiere und erfahre, die meine Frau schon längst weiß. Ich geniesse es mich den kleinen Persönlichkeiten mal ausgiebig zu widmen und stelle immer wieder fest, wie viel ich von ihnen lernen kann, egal wie alt sie sind.

Abschließend möchte ich noch eine meiner Lieblingstätigkeiten im Urlaub ansprechen: Den Gedanken nachhängen! Geht überall und einfach, nur Zeit braucht man (die man daheim oft nicht hat), daher fahre ich stets viel sortierter und strukturierter zurück als ich hergekommen bin. 

Da ich ja aber gern und leidenschaftlich arbeite, freue ich mich schon jetzt wieder voller Tatendrang daheim wieder los zu legen, aber eben noch nicht jetzt, jetzt genieße ich erst einmal noch Südtirol und die Familie in allen Zügen.